Internationale Bildungsstätte Jugendhof Scheersberg: Zentrum für die kulturelle, soziale und politische Jugendbildung in Schleswig-Holstein

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Erdgeschoss

Ein Denkmal in Angeln: Der Bismarckturm

Wappenmotive Angler Harden

Fenster aus gefärbtem Polyester (Mitte 1960er Jahre)Gezeigt werden die „Wappenmotive der Angler Harden“, aufgeteilt in neun Motive und künstlerisch dargestellt. Die Wappenmotive entstammen einem Wappenentwurf, der erstmals 1847 von Pastor Hans Nicolai Andreas Jensen (1802 - 1850) veröffentlicht wurde. Das Wappen von Angeln ist kein offizielles Hoheitssymbol. 

Harden waren in Skandinavien und damit auch im Herzogtum Schleswig untere Verwaltungsbezirke, die allerdings mit der Gründung der preußischen Provinz und den Gebietsreformen in Schleswig-Holstein ihre Bedeutung verloren. 

Fenster links

Oben links: Husbyharde. Ältere Darstellung der Husbyharde; ein von zwei Pfeilen durchbohrtes Herz. Anlehnung an ein altes Husbyer Kirchensiegel. Die Husbyharde gehört zu den Angler Urharden. 

Oben Mitte: Munkbrarupharde. Abgebildet ist das Laurentiusrost, als Attribut des heiligen Laurentius, Schutzheiliger der Kirche Munkbrarup. Laurentius von Rom wurde auf Anweisung des Kaisers Valerian auf einem glühenden Eisenrost hingerichtet und starb als Märtyrer. 

Oben rechts: Nieharde. Abgebildet sind eine Mondsichel und Stern, die auch noch heute im Wappen des Amtes Geltinger Bucht zu sehen sind sowie zum Teil in den Wappen der umliegenden Gemeinden z. B. Esgrus oder Steinberg. Die Nieharde gehört ebenfalls zu den Angler Urharden. 

Mitte links: Struxdorfharde. Das Wappen zeigt einen Eichenbaum, der noch heute das Wappensymbol der Gemeinde Struxdorf darstellt. Struxdorf gehört ebenfalls zu den Angler Urharden. 

Mitte Mitte: Die Abbildung der zwei schleswigschen Löwen bezieht sich auf die Zugehörigkeit Angelns zum Herzogtum Schleswig. Zusätzlich werden die Gebiete, die keiner Harde zugehörig sind, hierunter abgebildet. 

Mitte rechts: Schliesharde. Gehört zu den Angler Urharden und umfasst die Gebiete zwischen Kappeln und Brodersby. Das Wappen mit Fisch (Schleihering) und Wasser/Wellen (Schlei) verweist auf die Fischerei in der Region. Die Stadt Kappeln führt die Symbole noch heute im Wappen. 

Unten links: Satrupharde. Das Symbol der Harde zeigt eine Sense und ist noch heute im Wappen des Amtes Mittelangeln zu sehen. 

Unten Mitte: Mohrkirchharde. Zu sehen ist das Antoniuskreuz. Antoniter-Mönche gründeten 1391 das Kloster Mohrkirchen, welches mit der Reformation in Schleswig-Holstein um 1540 aufgelöst wurde. Das Antoniuskreuz ist noch heute im Wappen von Mohrkirch wiederzufinden. 

Unten rechts: Füsingharde. Abgebildet sind zwei gekreuzte Schlüssel. Die Schlüssel verweisen auf den heiligen Petrus, den Patron des Schleswiger Doms. Das Gebiet der Harde ging aus dem Machtbereich der früheren Vogtei des Schleswiger Bischofs hervor. 

Fenster rechts

Motiv Südseite: Trotz des fehlenden Fensterelements sind die Motive der insgesamt vier sich gegenüberstehenden Löwen gut zu erkennen. Mutmaßlich handelt es sich dabei um die schleswigschen Löwen, die für das Herzogtum Schleswig stehen und ihren Ursprung im Staatswappen des dänischen Königreichs haben.

Noch heute stehen zwei Löwen im Wappen des Kreises Schleswig-Flensburg. Die ursprüngliche Darstellung zeigt jedoch nur zwei Löwen. Weshalb hier vier Löwen abgebildet sind, lässt sich bisher nicht nachvollziehen.


Türme so weit das Auge reicht – 240 Bismarcktürme

Otto von Bismarck wird durch unterschiedlichste Statuen, Türme, Büsten und andere Denkmäler gewürdigt. Sie sind ein Produkt ihrer Zeit und Ausdruck des unkritischen Personenkults, welcher den Reichsgründer und Reichskanzler Bismarck umgab. Das bis heute sichtbarste und dauerhafteste Erbe dieser Bismarck-Verehrung sind die Bismarcktürme. Zu Bismarcks Lebzeiten entstehen zwischen 1869 und 1898 bereits 16 Bismarcktürme. Nach seinem Tod 1898 nimmt die Popularität Bismarcks weiter zu. Bis 1934 wächst die Zahl der Bismarcktürme (in unterschiedlichen Varianten) auf 240 weltweit an.


Bismarckturm auf dem Knivsberg
Der nördlichste Turm wurde 1901 auf dem Knivsberg in Nordschleswig eingeweiht: Eines der größten Baudenkmäler im Deutschen Reich und gleichzeitig Ausdruck des Deutschen Anspruches auf Nordschleswig. Noch vor der 1920 stattfindenden Volksabstimmung wird das dortige Standbild abgebaut und zunächst nach Rendsburg transportiert, dann jedoch zurück auf den Scheersberg gebracht. Weitere  Verhandlungen in den Folgejahren ergeben schließlich, dass das Bismarckstandbild auf dem Aschberg bei Ascheffel in den Hüttener Bergen aufgestellt wird. Der noch verbliebene Turm auf dem Knivsberg wird nach Kriegsende 1945 von ehemaligen dänischen Widerstandskämpfern gesprengt.


Schleswig-Holsteins Bismarcktürme
Während des 2. Weltkrieges verschwinden viele Bismarcktürme wieder, entweder durch Zerstörung oder für die Nutzung der Rüstungsindustrie der Nationalsozialisten. Auch nach 1945 und einer Neubeurteilung des Bismarck-Bildes werden viele Denkmäler ganz entfernt. Dennoch sind bis heute 146 Türme in Deutschland und 27 Türme im Ausland erhalten.

Vom Hering bis zum Schlachtschiff – Personenkult um Otto von Bismarck

Einerseits als “Reichsgründer” verehrt, andererseits abgelehnt von freiheitlichen und liberalen Strömungen der Zeit; die Popularität Bismarcks ist durch ein ständiges Für und Wider geprägt. Der anfänglich gefeierte Gründer des Deutschen Kaiserreiches verliert nach 1871 aufgrund von wirtschaftlichen und konfessionellen Problemen wieder an Ansehen. 1890, nach dem Tod Wilhelms I. und dessen Sohn Friedrich, entlässt der neue Kaiser Wilhelm II. den Reichskanzler. Seine veraltete und konservative Politik trage nicht mehr zur Sicherung und den expansionistischen Ambitionen des Reiches bei. Insbesondere steht er dem Erwerb von überseeischen Kolonien kritisch gegenüber.


Verehrung Bismarcks
Bismarck zieht sich nach Friedrichsruh im Sachsenwald bei Hamburg zurück. Eine erneute Verehrungswelle setzt ein, die Bismarck als Gründer des Reiches und des Deutschen Nationalstaates herausstellt. Sein Tod 1898 verleiht der Welle weiterenAufschwung. In der Folge ist bemerkenswert festzustellen, dass es sich bei der Errichtung der Denkmäler zu Ehren Bismarcks meistens nicht um Projekte der politischen Elite handelt. Vielerorts tun sich einfache Handwerker, Bauernoder Studenten der Region zusammen, um in Eigeninitiative dem Reichsgründer ein Denkmal zu setzen. So auch hier auf dem Scheersberg. Es werden ihm zu Ehren nicht nur Denkmäler in Form von Türmen und Statuen gesetzt, sondern auch Straßen und Kriegsschiffe sowie der Bismarck-Hering nach ihm benannt.


Provinz Schleswig-Holstein
Besondere Bedeutung hat der Personenkult um Bismarck in Schleswig-Holstein. Durch seine militante Politik werden Schleswig und Holstein 1867 zu einer preußischen Provinz. Damit einher gehen weitreichende Veränderungen in der Gesetzgebung, Politik und Landesverwaltung. Jetzt sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich. Die ursprünglich bestehenden Harden und Ämter werden durch eine Gebietsreform neu in Landkreise aufgeteilt. Verwaltung und Rechtsprechung werden voneinander getrennt. Zugleich verschärft sich durch die Prussifizierung (das Land wird preußisch) der nationale Konflikt bis zum Ersten Weltkrieg. Dieser mündet in die Abstimmung von 1920 und die neue Grenzziehung. Auch in Angeln wird Bismarck als Heldenfigur instrumentalisiert, um Identifikation mit dem Deutschtum zu schaffen und sich bewusst gegen Dänemark abzugrenzen.

Dies ist kein Wachturm 

Bereits zu Lebzeiten Otto von Bismarcks gibt es in der Region Angeln Bestrebungen, Bismarck ein Denkmal zu setzen, um Dankbarkeit für die „Befreiung“ vom dänischen Königreich und die Errichtung des Deutschen Reiches auszudrücken. Otto von Bismarck stirbt im Juli 1898 im schleswig-holsteinischen Friedrichsruh bei Aumühle. Knapp zwei Jahre später erfolgt die Grundsteinlegung des Turms auf dem Scheersberg.

Turmbau durch SpendenDie hohe Relevanz für die deutschgesinnte Bevölkerung wird besonders deutlich in der Finanzierung des Bauvorhabens. Insgesamt sichern 366 Einzelpersonen, Familien, Vereine und Gemeinden aus der Region Angeln und darüber hinaus mit freiwilligen Spenden die Finanzierung des Turmbaus. Die Gesamtkosten des Turmbaus betragen 30.000 Mark, durch Spenden können davon bereits 26.000 Mark aufgebracht werden. Den Anteil, den die Bevölkerung aufbringt, ist immens. Umgerechnet ist das ein Wert von über 150.000 Litern angeliter Vollmilch zu dieser Zeit.

Der große Rückhalt und das Interesse spiegeln sich auch am Tag der Eröffnungsfeier wider. Am 5. Juni 1903 nehmen über 2000 Menschen an den Feierlichkeiten auf dem Scheersberg teil.

„Über die Idee des Turmbaus darf heute wohl gesagt werden, daß sie aus dem Gedanken heraus kam, dem großen Kanzler des nachher geeinten Deutschen Reiches für sein mutiges Eintreten für die Rechte der Herzogtümer eine Dankesschuld abzutragen.“ Auszug aus dem Protokollbuch über den Scheersberg um 1900